Kind auf dem Kletterturm im Waldorfkindergarten Gummersbach

Das freie Spiel ist für das Kind nicht als Spiel im üblichen Sinne zu betrachten, sondern als Lernort. Im freien Spiel werden Grundlagen geschaffen, indem sämtliche Lebenskompetenzen erübt werden und das Kind somit lernt, sich zu orientieren und sich selbstgestaltend immer mehr in die Welt einzuleben. Rudolf Steiner drückte es wie folgt aus:
 „Für den Erwachsenen ist das Spiel Spaß, eine Lust, die hinzukommt zu Leben. Für das Kind ist das Spiel der ernste Inhalt des Lebens.“ 

Denn das Kind lernt im Spiel, die Welt zu "begreifen". Im Spiel werden Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz erweitert, die für das spätere Leben von großer Bedeutung sind. Es wird dem Kind Gelegenheit gegeben, die vielen unterschiedlichen Erfahrungen, die es macht, im Spiel nachzuahmen und sich kreativ damit auseinanderzusetzen. Auch Ängste und Aggressionen können abgebaut werden. Gleichzeitig bildet sich durch das freie Spiel die Grundlage für die weitere Persönlichkeitsentwicklung und die Entfaltung der eigenen Individualität.

Bei uns im Kindergarten fängt das Freispiel für die ersten Kinder um 7.00 Uhr an und endet um 9.30 Uhr für alle Kinder mit der Aufräumzeit. Im Freispiel gibt es viel Raum für die Entfaltung der Fantasiekraft, für kreative Handlungsmöglichkeiten und für die Umsetzung der eigenen Ideen.
Mit Hilfe von Spielständern, Brettern und Tüchern werden Schlösser, Häuser, Höhlen und vieles mehr gebaut. Aus dem Stuhl wird ein Auto, ein umgedrehter Tisch wird zum Schiff oder der große Korb wird ein Schwimmbecken.
Im Kaufladen gibt es Körbe mit Naturmaterialien, wie zum Beispiel Kastanien, Holzscheiben, Wäscheklammern oder Muscheln. Durch die Fantasiekraft werden diese Materialien im Spiel zu Kartoffeln, Fischstäbchen und vielem mehr.
Auch die Puppe wird gerne ins Spiel mit einbezogen. Da unsere Puppe keine ausgestalteten Gesichtszüge hat, kann das Kind nach der eigenen Fantasiekraft und Emotion entscheiden, ob das „Baby“ traurig oder fröhlich ist.

Das freie Spiel bietet den Kindern ein großes Lernfeld für das soziale Miteinander und vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten. Es wer-den Absprachen über die Verteilung bestimmter Rollen getroffen, über die verwendeten Materialien und wer mit wem spielt. Es werden Spielideen gemeinsam umgesetzt und ausprobiert. So lernen die Kinder, spielerisch mit Konfliktsituationen umzugehen und Lösungsmöglichkeiten zu finden.

Darüber hinaus bieten das freie Spiel und die angebotenen Tätigkeiten viele Möglichkeiten, die Grobmotorik, die Feinmotorik und das Gleichgewicht zu schulen. Durch Bauen von Höhlen, Häusern, Türmen, beim Kneten, Basteln, Malen, Schnitzen, Balancieren und Klettern.

Gleichzeitig stärken die meisten Aktivitäten auch die Ausdauer, Konzentrationsfähigkeit und Geschicklichkeit des Kindes. Auch das tägliche Spiel im Garten bietet vielfältige Möglichkeiten, diese Fähigkeiten zu stärken. Doch bei allem, was das Kind macht, steht das zweckfreie Spiel im Vordergrund.
Damit die Kinder in ein inhaltsvolles, reiches Spiel kommen, ist eine positive Atmosphäre wichtig. Dazu gehört die Raumgestaltung, die Spielmaterialien und der Erwachsene, der in der Gegenwart des Kindes einer sinnvollen und durchschaubaren Tätigkeit nachgeht. Dies ist sehr wichtig, da das Kind die Tätigkeit des Erwachsenen in seinem Spiel nachahmt.

In der Freispielzeit ist eine Erzieherin in der Küche und bereitet das Frühstück vor, wobei ihr die Kinder jederzeit helfen können. Der andere Erwachsene geht einer anderen sinnvollen Tätigkeit nach, z. B. Filzen, Nähen, Arbeiten an der Werkbank, Töpfern, Aquarellmalen ... Auch hier können die Kinder ebenfalls teilnehmen. Die Erzieher regen das Spiel an und geben Spielimpulse, jedoch nur, wenn aus der Beobachtung heraus die Kinder nicht ins Spiel finden oder unsicher sind, wie das Spiel weitergehen soll. Die Förderung der Eigenständigkeit und der Kreativität des Kindes wird dabei stets beachtet. Denn das Spiel bildet die Grundlage für die späteren schulischen und beruflichen Fähigkeiten, genauso wie für die Fähigkeit, sich mit der gesamten Umwelt handelnd auseinanderzusetzen.